Die Fotos passen übrigens überhaupt nicht zu dem nachfolgenden Beitrag. Aber ein Beitrag ohne Fotos ist überhaupt kein richtiger Beitrag. Zumindest für mich nicht.
Die Aufnahmen habe ich vor zwei Wochen auf Sylt gemacht. Es war ein sehr warmer, sonniger und windstiller Frühlingstag auf der Nordseeinsel, die übrigens wie ausgestorben war. Auf der Hinfahrt fuhren wir an unzähligen Rapsfeldern vorbei. Ich bedauerte es etwas, dass man das Fenster nicht öffnen konnte, um ein schönes Foto ohne Spiegelung in der Glasscheibe zu machen. In den neumodischen Zügen ist das ja nicht mehr möglich. Auf der anderen Seite musste man dann nicht den Rapsgeruch ertragen.
Heute hingegen war vom Sonnenschein nicht mehr viel übrig. Ich bin mitten in der Nacht vom heftigen Regenschauer wach geworden und konnte nicht wieder so richtig einschlafen. Vollkommen übermüdet kam ich daher im Büro an und fragte mich, ob es eigentlich Kollegen gibt, die einen absichtlich ärgern wollen oder ob sie einfach nur sehr, sehr dumm sind. Ich weiß nicht, was besser ist.
Ich freute mich auf den Feierabend und beschloss mich beim Yoga, welches offiziell keines ist, zu entspannen. Übrigens hätte ich mich vor einigen Wochen nicht geglaubt, dass Yoga Spaß bringt und man davon entspannter wird. Ist aber wirklich so! Gut, mein Yoga ist kein 100 % Yoga. Vielleicht bringt es mir auch deshalb so viel Spaß.
Ich ging also zum Bus und stieg ein. Meistens achte ich nicht auf andere Fahrgäste, sondern lese, dattel mit einem Handy rum oder schaue aus dem Fenster.
Eine Frau redete in einer Tour, hin und wieder nahm ich ein paar Gesprächsfetzen wahr. „Ja, steigen Sie hier mal in den Bus um, statt in die Bahn, dann sehen Sie mehr von Hamburg.“
Ich fand das sehr reizend, da man in Deutschland als Tourist eher selten Tipps von Passanten erhält. Dabei schätze ich es, wenn mir ein Einheimischer ein paar Anregungen mit auf dem Weg gibt.
Der Tourist stieg aus, die Frau redete weiter. Die Stimme konnte ich vom Alter schwer einschätzen. Ich schielte aus den Augenwinkeln schräg hinter mich, was übrigens sehr anstrengend ist. Außerdem sieht man nicht viel. Ich bin ja keine Katze oder Fliege. Keine Ahnung, welches Tier das jetzt besonders gut kann. Ich sah auf jeden Fall ein älteres Ehepaar und stempelte sofort die Frau als Schnattertante ab. Schubladendenken kann ich gut!
An einer der nächsten Haltestellen stieg das Ehepaar aus. Kurze Zeit später ertönte wieder die Stimme aus dem Off. Hatte die ältere Dame einen Zwilling oder war sie gar nicht ausgestiegen. Und überhaupt, mit wem sprach die Stimme? Ich stellte mir den Beisitzer (man sagt wohl nicht Beifahrer im Bus, oder doch) vor, der immer nur stumm zu nicken schien.
Die Stimme kommentierte alles, was um sie herum passierte. Da der Bus relativ leer war, konzentrierte sie sich auf das Leben der Straße.
Als der Busfahrer die nächste Haltestelle ansteuerte, kam aus der Mitte des Buses laut und deutlich:
„Ach nee, jetzt steht er da jetzt mit seiner scheiß Mercedes xy Klasse“.
Ich fand es faszinierend. So etwas kenne ich sonst nur von Fahrgästen, die dem Busfahrer quasi auf dem Schoß sitzen.
Blöderweise klingelte in diesem Moment mein Handy, was mich absolut ablenkte. Ich gehöre definitiv nicht zu den Menschen, die zwei Gesprächen gleichzeitig lauschen können. Ich hörte die Stimme nur im Hintergrund, konnte aber während des Telefonats keine weiteren Sätze auffassen.
Oh nein. Jetzt fängt es an. Da kommt jetzt ordentlich was runter“, hörte ich sie sagen, als ich auflegte. Ich schielte aus dem Fenster und dachte nur „scheiße, die Nächste ist Deine“.
Als ich aufstand, um auf den Ausgang zu zusteuern, sprach die Stimme wieder. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mit mir sprach oder über mich sprach.
Es war eine Frau, um die 30. Hübsch sah sie aus und vollkommen normal. Da ich ja nicht so viel auf einmal kann, zum Ausgang gehen, die Stimme identifizieren, geschockt sein, das ich ein ganz anderes Bild vor Augen hatte und mich auf den Regenguss einstellen (nö, man nimmt keinen Schirm mit, wenn die ganze Woche Regen angesagt wird; der könnte ja nass werden), habe ich leider nicht verstanden, was sie sagte. Ich glaube, ich will es auch gar nicht wissen.
Ich sprang aus dem Bus und hechtete zu den Bäumen, um mich dort bis zur nächsten Grünphase unterzustellen, um nicht bis auf die Haut durchnässt beim Sport anzukommen. Die Frau aus dem Bus drehte sich zur Seite, presste ihr Gesicht an die Scheibe und starrte mich an. Ich sie auch! Der Bus brauste davon und ich fragte mich, was sie wohl jetzt gerade sprach.