Letztes Wochenende hab ich mich am Sonntagmorgen in den Zug nach Berlin gesetzt, um meine Freunde aus dem beschaulichen Walla Walla zu treffen. Walla Walla liegt in Washington State und ist umgeben von zahlreichen Weingütern. Also der absolute Kontrast zum lauten, bunten, grauen und quirligen Berlin.
Als ich im letzten Herbst in Berlin gewesen bin, habe ich die Stadt zum ersten Mal schätzen gelernt und sie wurde mir sympathischer. Das lag vermutlich daran, dass wir weit ab von den Touristenströmen unterwegs waren und somit ein authentischeres Berlin kennenlernten, als das aufgemotzte Regierungsviertel und die typischen Touristenspots. Die Fotos aus dem Oktober habe ich Euch vorenthalten und eigentlich war ich guter Dinge, sie hier zu teilen. Irgendwie war immer was und ich schob den Beitrag Woche für Woche vor mich her.
Da der Herbst nun schon lange vorbei ist, kann ich mit dem veröffentlichen der Bilder auch noch warten und berichte lieber vom letzten Sonntag, der kurz, aber wunderschön war!
Viele Fotos habe ich nicht und letztlich auch keine, die künstlerisch wertvoll oder hochtrappend interessant sind. Allerdings dokumentieren sie wunderbar einen amüsanten Tag.
Denn zu lachen gab es einiges. Manchmal wünsche ich mir ja, dass ich YouTube Videos aufnehme, um euch so richtig an einem Ausflug teilhaben zu lassen. Aber das Aufnehmen von Videos ist nicht ganz mein Ding und letztlich mag ich auch bezweifeln, dass es sich überhaupt jemand anschauen würde. Jedenfalls hatten Emily und ich abgemacht, dass wir uns im Café treffen würden. Sie schrieb mir, in welchen Bus oder Tram ich steigen sollte.
Das hab ich ja gerne, wenn mir jemand eine detaillierte Wegbeschreibung aufgibt. Dann muss ich mich nämlich nicht darum kümmern. Ich stolperte also aus dem Hauptbahnhof und freute mich so, dass ich den richtigen Ausgang gewählt hatte. Zack, fuhr auch noch der richtige Bus vor. Allerdings wusste ich nicht, ob er in die richtige Richtung fuhr und eine Fahrkarte hatte ich auch nicht. Also warf ich ein letztes Mal ganz aufgeregt einen Blick auf die SMS und fragte „Fahren Sie nach St. Oberholz?“
Alle Berliner werden jetzt die Stirn runzeln und angestrengt nachdenken „wo will sie hin?“! Der Busfahrer schüttelte nur ganz leicht mit dem Kopf und starrte grimmig auf die Straße. Sprechen konnte er offensichtlich nicht! Ich stieg wieder aus, warf verwundert einen Blick auf die SMS und fing an zu kichern. „Wir treffen uns im Café St. Oberholz, am Rosenthaler Platz“. Hehehehehe! Streng genommen hat der Busfahrer gelogen, denn das Café liegt direkt am Rosenthaler Platz! Aber gut, ich will hier nicht kleinlich werden.
Ich nahm also die nächste Tram und blickte gut gelaunt aus dem Fenster. Schön, wenn man sich selbst so erfreuen kann. Davon mal abgesehen fahre ich sowieso lieber mit der Straßenbahn als mit dem Bus. Das liegt vermutlich hauptsächlich daran, dass wir zum einen keine Straßenbahn mehr in Hamburg haben, da sie irgendwer vor vielen Jahren abmontiert hat. Zum anderen erinnert es mich immer an die schöne Zeit in Melbourne, da es war dort mein Fortbewegungsmittel Nummer eins war. Davon mal ganz abgesehen, mag ich das leichte Rütteln ganz gerne.
Das Café St. Oberholz ist gemütlich, ein bisschen hip, ein bisschen alternativ und vor allen Dingen voller Amerikaner. Emily und Dan finden das nicht ganz so gut, ich hingegen habe es genossen. Was ich besonders gut fand, war der frisch aufgebrühte Ingwertee ohne Chichi. Ich kann es nämlich überhaupt nicht leiden, wenn mir jemand noch Minzblätter, Honig oder ganz schlimm, Zitrone da rein haut. Im St. Oberholz geht es noch bodenständig zu!
Auch wenn das Wetter nicht gerade prickelnd war, entschlossen wir uns, auf einigen Flohmärkten nach Schätzen zu stöbern. Während Emily bereits die ersten Weihnachtsgeschenke kaufte (das nenne ich mal always be prepared) und sich gemeinsam mit Dan einen ziemlich coolen Siebdruck aussuchte, fand ich eine alte Karte von Hamburg und Umgegend (ja, da steht wirklich Umgegend und nicht Umgebung) von 1859.
Wir wärmten uns zwischenzeitlich im nächsten hippster Café auf, das ratet, erneut von ziemlich vielen Amerikanern besucht und vermutlich sogar geführt wurde. Dabei diskutierten wir über den Schnurrbart des jungen Baristas und befanden ihn als fürchterlich. Eigentlich fällt uns kaum jemand ein, der einen Schnurrbart tragen kann, außer Emilys Papa.
Auch das Bonanza röstet, wie viele andere kleine Kaffeeläden in Hamburg und Berlin (und vermutlich auf der gesamten Welt), ihren Kaffee selbst. Ich liebe solche Läden und würde sie auch gerne mehr unterstützen, wenn mir der Espresso wesentlich besser schmecken würde. Mit Milch vermischt bekommt der Kaffee sicherlich eine ganz andere Note, doch der pure Espresso schmeckt mir in den zahlreichen kleinen Röstereien fast nie, weil er für meinen Geschmack zu viel Säure enthält. Da genieße ich dann doch lieber den starken, kräftigen, aber im Abgang weich schmeckenden Espresso der Italiener. Ha, ich hätte niemals gedacht, dass ich das mal sagen werde, aber die Italiener können Espresso einfach am besten zubereiten!
Mit Aperol Spritz, Bier und Processco, ließen wir den Nachmittag ausklingen, lachten über unsere Fotostreifen aus dem Fotoautomaten und sprachen über bevorstehende Reiseziele.
Emily und Dan, der Tagestrip nach Berlin hat sich gelohnt! Es war toll mit Euch und ich freue mich schon auf ein Wiedersehen, ganz egal wo auf der Welt.
xoxo
Christine